Innovation Festival in Namibia: Eine großartige Erfahrung
Bildung nach Afrika bringen klingt auf den ersten Blick nach Entwicklungshilfe. Zugegebenermaßen waren das meine ersten Gedanken als 2015 die Anfrage kam, in Windhuk/Namibia im Rahmen des ersten Subsahara Innovation Festivals des NBII/Polytechnic of Namibia Entrepreneure zu unterrichten. Doch beim genaueren Hinsehen entpuppte sich die vermeintliche Entwicklungshilfe als ein hervorragendes Projekt im Rahmen echter Chancengerechtigkeit! Hinter der Veranstaltung stand die Polytechnik of Namibia, vergleichbar mit einer Fachhochschule, die den Menschen aus dem südlichen Afrika die Chance gab, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Entrepreneuship vom Feinsten also. Und zudem werden so dort echte Chancen kreiert, ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Ich sagte zu und machte mich auf den Weg nach Windhoek. Der Flieger landete kurz vor fünf Uhr morgens in Windhoek. Verschlafen und noch immer müde holte ich meinen Koffer ab und hoffte abgeholt zu werden. Das ist nicht immer selbstverständlich, zumindest nicht, dass es auch zuverlässig klappt. Hier war alles bestens organisiert. Paul, der Fahrer wartete schon am Ausgang des Gates mit einem Namensschild. Gleich nach der Begrüßung fragte er, ob ich schon gefrühstückt hätte. Und so kam es, dass ich anstelle direkt in meine Unterkunft zu fahren, in einem kleinem Café am Straßenrand saß und dann den bis dahin leckersten Roibusch Tee meines Lebens trank. Als Krönung ging dazu die Sonne über den Weiten der Savanne auf.
Afrika kann so unbeschreiblich schön sein, aber auch so ungeheuerlich grausam.
Die Polytechnic hatte auch noch eine kleine Stadtrundfahrt am ersten Tag organisiert, damit ich mich auch in Windhoek zurecht fände. Und da war es dann auch gleich wieder vorbei mit der ausschließlich schönen Seite Afrikas. Zum einen gibt es dort eine deutsche Geschichte, die gerne unter den Tisch gekehrt wird. Zum anderen viel Ungerechtigkeiten.
Noch bevor die Nazis KZ´s in Deutschland errichteten, gab es deutsche KZ´s in Namibia. Ganze Volksgruppen wurden dort und in unbarmherzigen Schlachten erst aufgerieben und dann fast vernichtet. Man kann sich da nur schämen. Andererseits ist Windhoek vom einem Armenviertel umgeben, das „Silver City“ genannt wird. Nicht etwa, weil es dort Edelmetall gibt, sondern weil die Menschen in Wellblechbehausungen oft ohne Strom leben und diese in der afrikanischen Sonne silber glänzen. Die Menschen dort haben nichts bis nicht viel und Kriminalität ist an der Tagesordnung. Was nach einem unwirtlichen Ort klingt hatte eine große Überraschung zu bieten. Genau dort, also in Silver City hat die Polytechnic ein Bildungszentrum errichtet. Dort sollte ich auch sprechen. Klingt für verwöhnte Europäer komisch, ist aber genial: In Namibia kommt die Bildung und damit die Chance zu den Menschen, die sonst nichts haben. Das nimmt den Menschen die Einstiegshürde! Ich war schwer beeindruckt und auch begeistert. Zudem habe ich mich zu keinem Zeitpunkt tagsüber in Silver City bedroht oder unsicher gefühlt, auch dann nicht, wenn man am Abend in die Stadtmitte von Windhoek ging und einen Feierabend Drink mit den Kollegen nahm.
Was wir wieder lernen sollten
Die Veranstaltung selbst was ein großer Erfolg. Sogar aus den benachbarten Staaten kamen Teilnehmer. Gesponsert wurde dies übrigens alles von Unternehmen aus Namibia und einer Stiftung.
Ach ja, meine Kurse hießen dort „The Time is now – you have the power to change. Run with it“ und lehrten Verhandlungsgeschick, Überzeugungstechnik für Gründer und junge Unternehmer, um beispielsweise die benötigte Finanzierung für die eigene Firma zu erhalten oder die eigenen Produkte besser in den Köpfen der anderen Marktteilnehmer und potentiellen Kunden zu verankern. Hat riesigen Spaß gemacht! Denn nichts ist erfüllender als Bildung mit Menschen teilen zu dürfen, die nicht nur etwas daraus machen wollen, sondern es später auch tun. Diesen Menschen helfen zu dürfen, ihr Leben aus eigener Kraft so zu gestalten, dass es zumindest materiell gerecht zu Ihnen ist und so einen Beitrag zu Chancengerechtigkeit leisten zu dürfen, erfüllte mich mit tiefer Freude. Aus „meiner Klasse“ wurden allesamt sehr erfolgreiche Unternehmer! Mit Geld ist das nicht aufzuwiegen.
In meinen Veranstaltungen fiel mir neben der afrikanischen Herzlichkeit und Lebensfreude auch der konsequente Wille auf, die Dinge und das Leben zu verändern und verbessern. Hier in unseren Breitengraden stößt man eher auf Ängste und Befürchtungen als auf Mut und Tatendrang. Die Illusion eines sicheren Arbeitsverhältnisses (das es definitiv nicht gibt!) blockiert Menschen zu tun, was das beste für alle wäre. Die meisten machen ja nicht einmal das, was sie aus tiefsten Herzen tun wollen. Das ist schade. Nur wer sein Leben selbst in die Hand nimmt, kann etwas bewegen oder gestalten. Man kann eben nur Macher oder Marionette sein! Entscheidet man sich falsch, wird das eigene Leben ein schlechter Abklatsch mittelmäßiger Konsumgewohnheiten.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Es gibt auch bei uns diese großartigen Entrepreure, die ich kennen und schätzen lernen durfte wie Alugha, Mr.Signal und my-boheme. Sie sind nur zu wenige und auch wenn sie sich auf den Weg gemacht haben, drohen sie in einer der reichsten Gesellschaften der Erde an der Sicherheits- und Angstmentalität der anderen zu scheitern. Chancengerechtigkeit geht anders, zumal es bei uns mittlerweile (auch steuerlich) lukrativer ist, zu erben als zu leisten. Eine Gesellschaft, die den Tod naher Verwandter als materiellen Vorteil sieht und ihn über Leistung stellt, hat nicht nur ein massives Gerechtigkeitsproblem, sondern verspielt ihre Zukunft. Stillstand ist der erste und sicherste Schritt in die Krise, Innovationen Garant des Wohlstandes!
Leider blieb nach dem Festival nicht mehr viel Zeit, die beeindruckende Landschaft und die übermächtige Natur Namibias ausführlicher zu besichtigen. Der Flieger wartete schon am nächsten Tag auf mich.