Olympia Rio 2016: Was das IOC vom Untergang der DDR lernen kann
Früher habe ich mich auf Olympia gefreut. Mit Freunden saßen wir 1984 gegen die Anordnung unserer Eltern spätnachts vor dem Fernseher und haben anstatt zu schlafen Michael Groß bei seinen albatroßartigen Schwimmbewegungen zur Goldmedaille die Daumen gedrückt. Sportbegeisterung eben. Ich erinnere mich seitdem an viele schöne Geschichten im Zusammenhang mit Olympia und Sport. Vielleicht wäre ich nochmals nach Rio gereist und hätte mir ein paar Wettkämpfe angesehen. Zumindest aus damaliger Sicht betrachtet. Und heute? Die Olympischen Spiele haben begonnen, aber man hört in dem Zusammenhang weniger von Sport oder der olympischen Idee, sondern über Doping, Korruption und unsaubere Geschäfte. Ein wenig wird man sogar an die letzten Tage der DDR erinnert, wo ein Staatsratsvorsitzender vor dem Hintergrund seines untergehenden Staates so getan hat, als ob ihm und seinem Land nicht nur alle Türen offenstünden, sondern sogar die Welt zu Füßen läge.
Wie wir wissen, war dem nicht so. Lächerlich war der Auftritt allemal. Gestern präsentierte sich das IOC ähnlich. Fröhliche Menschen in einer intakten Umwelt wurden präsentiert. Offensichtlich glaubten sowohl Honecker als auch der IOC Präsident Bach, die Welt glaubt ihr Schauspiel und es reicht, wenn man bei der Eröffnungsfeier Kinder mit Pflanzen ins Stadion schickt, um zu zeigen, man sei nachhaltig oder gar umweltfreundlich während man vorher ganze Stadtviertel dem Erdboden gleich macht und deren Bewohner für Stadienneubauten zu vertreiben. Wer sich dann das Ausmaß der Umweltzerstörung von Olympischen Spielen der momentanen Ausprägung ansieht, wird nur den Kopf schütteln über ein derart dreistes Laientheater. Das IOC präsentiert sich vor diesem Hintergrund erbärmlich. Nicht umsonst sprachen sich die meisten Menschen nicht nur in München bei einer Abstimmung über eine Bewerbung um die Olympischen Spiele 2018, 2020 und 2022 dagegen aus.
Geplatzte Illusion Olympia
Nun kann man sicher einen Staat, der Menschen einsperrt wie es die DDR getan hat nicht mit dem IOC vergleichen. Nicht etwa, weil nur die DDR Unrecht verübte, sondern weil sie die Freiheit, das Leben und praktisch alle Grundrechte einschränkte, während das IOC „nur“ mit Straftaten aus dem finanziellen Bereich – das Strafrecht nennt es Vermögensdelikte – und Umweltzerstörung in Verbindung gebracht wird.
Dem IOC geht es nur ums Geld, da ist es nur konsequent, wenn man gedopte Athleten starten lässt und ohne Rücksicht auf die Bevölkerung des jeweiligen Ausrichterlandes die Olympia Konsummaschine über alles hinweg walzen lässt. Das wirkt alles wie aus der Zeit gefallen. Es wirkt ein wenig wie ein James Bond aus den 1960ern, den man heute ansieht und sich amüsiert, wenn die Schurken mit zu Laserwaffen umgebauten Duschköpfen im Faustkampf mit James Bond davon abgehalten werden, sich die Weltherrschaft unter den Nagel zu reißen. Und genauso benimmt sich das IOC heute: Es ignoriert was die Menschen wollen und macht einfach mit den alten Zöpfen weiter. Nicht einmal die FIFA war ein warnendes Beispiel. Sie ist die gefallene Schwester des IOC und kämpft heute mit ihrem schlechten Ruf (Mal ehrlich: Würden Sie jemanden einstellen, der vorher bei der FIFA war ohne ein mulmiges Gefühl zu haben, ob dieser Bewerber ehrlich ist oder seine neue Stelle nur als Selbstbedienungsladen versteht)
Das Ende ist nah
Das IOC hat wohl nicht verstanden, dass Sport nicht mehr das große Feigenblatt ist, hinter dem sich alle Sünden verstecken lassen. Und darauf setzt dann der größte Fehler auf. Während das Feigenblatt früher von selbst funktionierte, klappt es heute nur noch im Zusammenhang mit aktiver Vermarktung also der konsequenten Ökonomisierung des olympischen Gedankens. Und der lautet: Fairness! Weil man aber Fairness gerade nicht kommerzialisieren kann, sondern sie leben muss, wird das Projekt Olympia scheitern bzw. ein Nischen dasein in den Ländern führen, die sich noch in den alten Zeiten befinden. Aber genau dort wird dann kein Geld verdient, weshalb dann auch das Wirtschaftssystem Olympia zusammenbrechen wird. Eben genauso wie in der DDR damals. Schlau wäre, wenn die Verantwortlichen aus der Geschichte der DDR lernen würden, was gleichbedeutend mit einem Neuanfang der olympischen Idee wäre. Weg vom über allem stehenden Konsum, weg vom Doping, weg von der Massenvermarktung wieder hin zu fairen sauberen SPORTwettkämpfen, um das olympische Motto für die sogar in der olympischen Charta verankerten Jugend der Welt wieder zugänglich zu machen. Olympia ist eben in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht das Sprungbrett für Leistungssportler um jeden gedopten Preis an die Fleischtöpfe der Wirtschaft und auch nicht die Plattform für Geschäftemacher den eigenen Reichtum zu mehren. Olympia ist ein Gedanke, der Menschen zusammen bringen und Fairness schulen soll. Dazu ist aus heutiger Sicht aber vermutlich ein Neuanfang nötig.
Heilt Olympia oder startet es neu
Wird es diesen Neuanfang geben? Irgendwann schon, aber vermutlich auch nicht freiwillig und eigenständig, sondern erst nach dem totalen Zusammenbruch (nebst persönlicher Bestrafung von möglicherweise kriminellen Drahtziehern des Systems). Und das, obwohl man aus der Geschichte der DDR so viel lernen kann. In diesem Zusammenhang: Thomas Bach als Deutscher dürfte diese Geschichte eigentlich sehr gut kennen. Ob er schlau genug ist daraus zu lernen. Wir werden sehen.
Ich jedenfalls werde nicht mehr nachts wach bleiben, um mir Olympische Wettkämpfe anzusehen. Die Zeiten sind vorbei. Vermutlich genauso wie die Zeiten des Sports, den IOC, FIFA und Konsorten verkörpern.